Wiesbauer
Den Grundstein legte Franz Wiesbauer im Jahr 1931 mit der Eröffnung einer kleinen Fleischerei in Wien-Fünfhaus. Während andere Fleischer in ihren Geschäften die besten Fleischteile teuer verkauften und nur die Reste zu Wurst verarbeiteten, spezialisierte sich Franz Wiesbauer auf die Wursterzeugung und verarbeitete dabei nur die besten, mageren Fleischstücke, um Qualität und Geschmack zu optimieren.
Als passionierter Jäger tüftelte er einst an der Kreation einer Wurst, die nicht nur g’schmackig, sondern auch ungekühlt haltbar sein sollte und die er als Proviant zur Jagd und zum Bergwandern mitnehmen konnte. Ausgehend von der Rezeptur der Wiener Wurst kombinierte er traditionelle bäuerliche Herstellungsmethoden und erzielte kurze Zeit später die gewünschte Haltbarkeit durch die sorgsame Räucherung und Lufttrocknung der Wurst. Danach feilte er so lange an der Rezeptur und Würzung, bis sein Produkt perfekt war: Das war die Geburtsstunde der »Bergsteiger«!
Die spezielle Würzung ist bis heute ein gut gehütetes Geheimnis und wurde seit damals nicht verändert. Noch heute wird die »Bergsteiger« nach der Original-Rezeptur von Franz Wiesbauer aus bestem Rind- und Schweinefleisch hergestellt und über Buchenholz heiß geräuchert sowie sorgsam abgetrocknet und gereift. Nur die grün-gelbe Papierschleife, die schon Franz Wiesbauer in den 1930er-Jahren händisch an jede Stange angebracht hat, wurde im Laufe der Jahre adaptiert und modernisiert.
Der Hirsch, der ursprünglich als Symbol für die Jagd stand, ist heute auf dem Logo nicht mehr zu sehen, stattdessen ist hinter Wald und Wiese jetzt die Wiesbauerspitze dargestellt. Dieser 2767 Meter hohe Berg am Großvenediger in Osttirol wurde 2007 zu Ehren Franz Wiesbauers umbenannt und ist seither ein wichtiger Bestandteil der Markenidentität.
Vor über 80 Jahren wurde die »Bergsteiger« als Marke und zugleich als erstes Wurstprodukt registriert – vielleicht ist auch deshalb die »Bergsteiger« bis heute die beliebteste Dauerwurst Österreichs. Aber auch außerhalb der Landesgrenzen ist sie zu einer genussvollen Botschafterin österreichischer Wurstkultur geworden.
VON IDEEN GETRIEBEN
Nach dem frühen Tod von Franz Wiesbauer übernahm im Jahr 1968 seine Witwe Maria Wiesbauer die Geschäftsführung und baute den Betrieb (der zwischenzeitlich nach Ottakring und später nach Wien-Hietzing übersiedelt war) mit viel Engagement weiter aus. Tatkräftig unterstützt wurde sie dabei von Karl Schmiedbauer, der 1976 – mit bereits 18-jähriger Branchenerfahrung – als Chefassistent in das Unternehmen eintrat. Er kümmerte sich um verbesserte Betriebsabläufe sowie um den Aufbau von Verkauf und Marketing, und er brachte mit seinem Innovationsgeist frischen Wind in den Betrieb.
»Die Verbindung von Mensch, Natur und Technik steht im Mittelpunkt der Firmenphilosophie von Wiesbauer.«
»Wiesbauer steht für viel mehr als nur die ›Bergsteiger‹, erklärt Schmiedbauer, »daher war es schon immer meine innerste Triebfeder, mit außergewöhnlichen Produkten den Namen Wiesbauer als Marke zu etablieren.« So verbesserte er die traditionelle Krakauer und entwickelte sie weiter zu einer hochwertigen Schinkenwurst. Als Ende der 1970er-Jahre staatliche Höchstpreise für die Dürre sowie für weitere Wurstsorten festgelegt wurden, kreierte er kurzerhand die »Dürre doppelt geräuchert«: Durch die zweifache Räucherung wurde ein neuartiges – höherwertiges – Produkt geschaffen und war daher von der Preisregelung ausgenommen. Erst später wurde der Artikel in den Lebensmittelkodex aufgenommen.
KLASSIKER NEU INTERPRETIERT
1988 wurde KR Karl Schmiedbauer von Maria Wiesbauer zum Geschäftsführer ernannt und trat damit ihre würdige Nachfolge an. Ihm gelang es mit seinem kaufmännischen Geschick, die Firma Wiesbauer weiter stark auszubauen und innerhalb weniger Jahre als Musterbetrieb in der Branche zu etablieren. Mit Leidenschaft und Erfindungsgeist entwickelte KR Karl Schmiedbauer in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche neue Produkte, die am Markt Maßstäbe setzten und sich zu wahren Verkaufsschlagern entwickelten, wie zum Beispiel die herzhaft geräucherte Polnische Spezial, den Wurzelspeck, die Gurkerl-Extra oder die »Beskada«
– eine Neuinterpretation der Alt Wiener »Beskiden Wurst«, die seit den Zwischenkriegsjahren in Vergessenheit geraten war. Aus markenrechtlichen Gründen wurde diese Wurstspezialität in den 1990er- Jahren zunächst unter der Bezeichnung »Wieskada« angeboten, bevor sie einige Jahre später den geschützten Namen »Beskada« erhielt.
»Bei den Produktentwicklungen war es stets mein Ziel, klassische Produkte neu zum Leben zu erwecken und zu verbessern«, erzählt KR Karl Schmiedbauer. Perfekt gelungen ist dies unter anderem auch bei den beliebten Braten-Spezialitäten wie dem »Salzburger Scherz’l« oder dem Kümmelbraten – dem ersten am Markt ohne Knorpel: Die Knorpel werden sorgfältig vom Bauchfleisch entfernt, sodass purer Genuss garantiert ist. Mit seiner knusprigen, goldgelb gebratenen Kruste ist der Kümmelbraten ein Top-Seller in Österreich, aber auch einer der stärksten Exportartikel.
Eine besonders innovative Braten-Spezialität präsentierte Wiesbauer im Jahr 2009 mit der »Wiener Prater Stelze«. Die Idee dazu kam KR Karl Schmiedbauer im Urlaub auf den Seychellen: Getrieben vom Gusto auf eine saftige, frisch gebratene Schweinsstelze dachte er am Strand darüber nach, wie man diese ausgelöst und essfertig anbieten könnte. Kurz darauf entwickelte er eigens ein aufwändiges Produktionsverfahren und schuf die »Wiener Prater Stelze«,