»Wenn der Wiener sein halbes Leben für ein gutes Stück Rindfleisch hergibt, hat er recht. Denn ist er einmal außerhalb Österreichs Grenzen, muss er es vermissen. In keinem anderen Land wird so viel Sorgfalt auf ein Rind verwendet wie in Österreich.«
Zu dieser Feststellung kam, zwei Jahre nach der Gründung der Firma Wiesbauer, der berühmte Wiener Koch Karl Sinner im Jahr 1933, anlässlich einer internationalen Kochausstellung in seiner Heimatstadt. Ohne Übertreibung: Diese Zeilen sind heute noch gültig. Immerhin genießt der durchschnittliche Österreicher zwischen 20 und 25 Kilogramm Rindfleisch pro Jahr. Und legt dabei großen Wert auf heimische Produkte. Einer der Betriebe, die sich der Aufzucht von Kalbinnen, den noch jungfräulichen weiblichen Kühen, widmen, liegt in Oberösterreich.
IDYLLE IN GRÜN
Knapp 15 Kilometer nordwestlich von Ried im Innkreis, liegt Gurten im Innviertel, eine 1.200- Seelen-Gemeinde. Sanfte Hügel bestimmen das Blickfeld, sattes Wiesengrün schmeichelt dem Auge, hie und da zieren Kühe auf der Weide die gepflegte Gegend. Die typischen Vierkant-Höfe liegen verstreut in diesen Gefilden. Einer davon gehört Gottfried Zechmeister, der sich der Aufzucht von Fleckvieh-Kalbinnen verschrieben hat.
Kühe zu halten kommt nicht von ungefähr – bereits der Vater selbigen Namens ging dem Beruf des Bauern 33 Jahre lang nach, allerdings standen damals noch Milchkühe auf dem Hof. Damit wurde eine bäuerliche Tradition fortgesetzt, die bis ins Jahr 1641 zurückreicht, als Apolonia Mayr den «Mayr-Hof« – der Hausname lautet bis heute so – gründete. Gottfried Zechmeister, in der Fachschule Burgkirchen zum landwirtschaftlichen Facharbeiter ausgebildet, stellte den Betrieb vor vier Jahren allerdings auf einen reinen Aufzuchtbetrieb um. Er ist mit Leidenschaft bei der Sache, obgleich nur im Nebenerwerb.
Hauptberuflich bedient der 41-jährige einen Harvester, einen Holzvollernter, in den umliegenden Wäldern. Die Kühe sind es aber, die seinen Tagesablauf bestimmen. Im Stall stehen immer 35 Kalbinnen und fünf Kälber. Für Nachschub in der Produktionskette sorgt der Viehhändler seines Vertrauens. Viehhaltung bedeutet, Tag für Tag um sechs Uhr früh aufzustehen. Bei der Fütterung sind zuerst die drei Monate alten Kälbchen dran, die sich ihre Milchersatznahrung selbstständig aus dem Futterautomaten holen, ehe sie nach fünf bis sechs Wochen entwöhnt sind und in den großen Stall übersiedeln.
Für das ausgewachsene Fleckvieh gibt es Heu, wichtig für die Verdauung in den vier Mägen, sowie Silage und Getreidekraftfutter. Heu und Silage produziert Zechmeister auf acht Hektar Wiese selbst und deckt damit den Futterbedarf seiner 40 Tiere für ein Jahr. Fleckvieh aufzuziehen, ist im Augenblick, so sagt er, »Leidenschaft und Hobby«. Die Anzahl der Tiere in der Aufzuchtanlage ermöglichen es ihm nicht, ausschließlich davon zu leben. »Aber ich denke schon öfter drüber nach mit mehr Tieren zu arbeiten«. Der große Vorteil gegenüber der Milchkuh-Haltung ist der Zeitaufwand: Er ist wesentlich geringer.
Somit er ist nicht so an den Hof gebunden wie ehemals der Vater. »Ich kann schon zwei, drei Tage Urlaub machen, da kümmert sich ein Nachbar um die Tiere«. Die Fleckvieh-Kalbinnen sind sanftmütig, gleichzeitig aufgeweckt und interessiert, ideale Eigenschaften in der Haltung. Ein Teil der Kalbinnen steht im mit Stroh ausgelegten Stall mit ausreichend Raum für Bewegung. Bis zu sechs Tiere grasen auf der umzäunten Wiese nebenan, quasi als natürliche Rasenmäher.
Nach seinem hauptberuflichen Tagwerk, steht abends wieder die Fütterung und das Reinigen des fixen Unterstandes an. Auch das ist oberstes Gebot, ganz besonders bei neuen Kälbern: Der abgesonderte Stall wird immer von Grund auf gesäubert und desinfiziert. Den gesamten anfallenden Mist schiebt eine 40 Meter lange Förderanlage auf einen Platz außerhalb des Hofes. Und im Herbst wird dieser Mist als Dünger auf die Wiesen gebracht.
GEPRÜFTE QUALITÄT
Das ganze Jahr über ist der mit dem AMA-Gütesiegel ausgezeichnete Betrieb von einem Kreislauf geprägt: Ankauf, Aufzucht und Verkauf. Im Alter von 19, maximal 20 Monaten fährt der Viehhändler die ausgewachsenen Kalbinnen zum Schlachtbetrieb. Von etwa 650 Kilo Lebendgewicht werden 350 Kilo der Fleischverwertung zugeführt, Kopf, Hufe und Haut einer anderen Nutzung.